[Streckenupdate] 25. September: Nachtzug NICHT nach Rom und weiter nach Bari
von Malte Gerth
So schön und romantisch die Nachtzugfahrt angefangen hat, so jäh und hektisch ist sie geendet.

Nachdem wir gemütlich auf Sizilien mit dem Zug durch die Nacht gefahren sind und dann mit etwas Wellengang von der Fähre übergesetzt worden waren, fingen schon die Probleme an, die uns die Fahrt und schließlich den ganzen Tag über begleiten sollten.
Unser Zug wurde planmäßig in Messina verladen und nach Villa San Giovanni übergesetzt. Die Wagen aus Palermo waren auch schon frühzeitig im Bahnhof, sodass es alles erstmal gut aussah. Doch dann standen wir ungewöhnlich lange in Villa San Giovanni und es tat sich nichts. Da wir ohne Lok standen, war auch die Stromversorgung und somit die Lüftung und Klimatisierung nicht wirklich aktiv. Zum Glück gibt es in den Schlafwagen ein kleines Fenster zum Kippen, sodass wir so wenigstens die Temperatur im Rahmen halten konnten. Allerdings stand auf dem Gleis gegenüber direkt vor unserem Fenster die Lokomotive für uns. Und die stand da und stand und stand … und zwar aufgerüstet inklusive laufender Lüftung. Immerhin einer von uns hatte Strom.
Mit viel Verspätung war unser Zug dann abfahrbereit und konnte die Fahrt nach Roma Termini starten. Ob regulär oder der Verspätung geschuldet, unsere Streckenführung war mir nicht immer ganz schlüssig, aber das ist bei Nachtzügen ja durchaus nichts ungewöhnliches. Etwas Schlaf haben wir dann trotzdem bekommen, denn die Fahrt verlief relativ ruhig. Ich glaube hier gab es einige Verbesserungen an den Strecken die die Laufruhe deutlich verbessert haben.
Am frühen morgen erreichten wir die Gegend rund um Neapel und schauten gemütlich aus dem Fenster. Das für die nächsten zwei Tage angesagte schlechte Wetter mit schweren Regenfällen fing so langsam an. Wir hatten es bei uns im Zug gemütlich und waren ja auf dem Weg nach Bari, wo das Wetter zwar nicht sonnig, aber verhältnismäßig gut sein sollte.
Der Zug erreichte Napoli Centrale und der Wind und Regen wurde immer stärker, sodass unsere Scheibe nach der langen Fahrt immer sauberer wurde. Wenn jetzt der Regen auf dem letzten Teil der Strecke nach Rom vorübergehend aufhört, könnten wir eine wunderbare Sicht auf die vorbeiziehende Landschaft bekommen. Immerhin sind es noch knapp zwei Stunden Fahrt bis Roma Termini. Und unser Frühstück kommt ja auch demnächst. Und Frühstück im Nachtzug und dabei aus dem Fenster schauen gehört ja auf jeden Fall zum Erlebnis Nachtzugfahren.
Die Verspätung von etwas über einer Stunde machte uns auch nichts mehr aus, da wir in Rom genug Puffer bis zur Weiterfahrt nach Bari haben. Im Gegenteil, dann müssen wir nicht ganz so lange am Bahnhof warten.
Während der Zug in Neapel am Bahnhof steht gibt es plötzlich einen Personalwechsel bei uns im Waggon. Durchaus ungewöhnlich, denn bisher kannte ich es immer so, das der Zugbegleiter im Waggon während der ganzen Fahrt konstant bleibt. Aber ok.
Plötzlich klopfte die neue Zugbegleiterin an unserer Tür und eröffnete uns, das unser Zug hier endet und wir einen anderen Zug nehmen müssen um weiter nach Roma Termini zu kommen. Ein jähes Ende unserer Nachtzugromantik! Ach, und der Zug nach Rom fährt in knapp 12 Minuten ab. Wenn wir den nicht nehmen müssten wir uns selbst um die Weiterfahrt kümmern.
12 Minuten - das ist verdammt kurz, wenn alle noch im Schlafanzug sind, die Taschen nicht gepackt und man dazu noch ein Kleinkind zu versorgen hat! Aber was soll man machen, irgendwie muss das klappen. Und es klappte auch – also irgendwie, denn in der Hektik ist uns die Tasche mit den festen Schuhen verloren gegangen. Gut das das Wetter langsam herbstlich wird, wer braucht da schon feste Schuhe, wenn er Sandalen oder Birkenstocks hat. Mist!
Uns wurde noch schnell das Frühstück aufs Bett gestellt, keine Ahnung wie wir das noch hätten essen sollen, also einfach direkt rein damit in den Rucksack und raus aus dem Zug. Was nicht direkt gelang, denn sie hatten den Waggon bereits abgeschlossen und freigegeben. Vielleicht hätte nochmal einer der Zugbegleitenden durchgehen und kontrollieren sollen? Nur so als Idee? Nach noch mehr Hektik und hin und her kamen wir dann doch raus. Ob andere unfreiwillig zurück nach Syrakus fahren mussten? Wir wissen es nicht. Aber der oder diejenige könnte vielleicht unsere Schuhe dann mitnehmen? Danke.
Die Zugchefin des Frecciarossa, unser Ersatzzug nach Rom, konnte uns dann aber zum Glück noch zwei freie Plätze in der ersten Klasse nebeneinander zuweisen. Die Weiterfahrt war daher durchaus angenehm, obwohl wir auf die Hektik durch den Zugwechsel gerne verzichtet hätten.
Die Fahrt verlief dann auch sehr gut und Ida hatte wieder gute Laune. Sie kann es gar nicht leiden wenn wir beide wuselig sind, was beim Packen in der Regel der Fall ist. Und wenn wir dann noch in 12 Minuten den Zug wechseln müssen, dann ist das alles andere als förderlich.
In Rom angekommen mussten wir dann erstmal Toiletten suchen. Die fanden wir auch, allerdings mit einer rießigen Warteschlange mitten durch eine trubelige Menschenmenge die sich im oberen Bereich des Bahnhofs die Zeit an den Restaurants und Bars totschlug.
Wenn es geht, sollte man das Wahlwochenende meiden, denn dann sind besonders viele Menschen mit den Zügen unterwegs.
Wenn es nicht anders geht, dann wenigstens die Anzahl der Umstiege so gering wie möglich halten und genügend Pufferzeiten einplanen. Und frühzeitig an die Gleise gehen und einsteigen, denn der Platz für Gepäck und die Menge an Gepäckstücken passen definitiv nicht zusammen.
Also erstmal raus aus dem Bahnhof und das nächste Café oder Bar aufsuchen. Denn der morgendliche Kaffee fehlte immernoch, den gab es im Nachtzug natürlich dann nicht mehr. Die Suche gestaltete sich dann aber schwerer als gedacht, vielleicht hat uns aber auch einfach die Ruhe und die Nerven dafür gefehlt. Letztlich sind wir dann im zweiten Fresspalast im Bahnhof gelandet, wo wir aber auf der zweiten Ebene bei einem temporär geschlossenen Restaurant viel Platz und etwas Ruhe hatten. So konnten wir uns etwas ausruhen und stärken, bevor es dann nach Bari weitergeht.
Um 12:30 Uhr haben wir uns auf den Weg zu den Gleisen gemacht und konnten direkt in den schon bereitstehenden Frecciargento steigen. Na das ist doch mal was, dann kann der Tag ja jetzt gemütlich weitergehen und dann in Bari in Ruhe ausklingen. Die geplante Ankunftszeit ist mit 17:14 Uhr genau richtig um zur Unterkunft zu kommen und noch kurz was mit Ida zu essen. Unser Plan scheint wunderbar aufzugehen.
Mit leichter Verzögerung verlässt unser Zug Roma Termini und macht sich auf den Weg. Jetzt fängt es auch hier in der Region an zu regnen und wir fahren ja wieder Richtung Süden, dem Regen von heute Morgen entgegen. Im Zug ist das ja aber alles kein Problem. Für den Zug selbst auch nicht. Allerdings für den Verkehr und die allgemeine Situation wohl schon, wie wir feststellen mussten.
Unser Zug verließ kurz hinter Rom die Schnellfahrstrecke und machte es sich in schönen Tälern und eingleisige Streckenabschnitten gemütlich. Hier mal ein Halt auf freier Strecke, da mal im Schritttempo zwischen den Feldern hindurch. Oder auch ein ausgiebiger Fotohalt in einem kleinen Bahnhof.
Die geplante Ankunftszeit von 17:14 Uhr würden wir definitiv nicht mehr halten können. Wie viel später es werden würde konnte uns aber auch niemand sagen, denn die automatische Zugerfassung gibt es hier auf der Nebenstrecke nicht. Und somit konnten auch die Fahrzeiten nicht neu gerechnet werden, das Fahrgastinformationssystem nicht aktualisiert werden und auch das Zugpersonal konnte nichts in den Systemen finden. Nur das wir irgendwo auf einer Nebenstrecke sind, das könne man sagen. Ob anhand der Informationssystem oder aufgrund eines Blicks durch das Fenster wage ich nicht zu bewerten.
Und irgendwann erreichte der Zug dann seinen ersten planmäßigen Halt mit über einer Stunde Verspätung. Es folgten noch drei weitere Halt mit immer weiter steigender Verspätung bis wir dann endlich am Abend Bari mit über zwei Stunden Verspätung erreichten. Die regionale Zugverbindung Richtung Unterkunft haben wir auch knapp verpasst und das Bussystem noch nicht ausreichend recherchiert, sodass uns nichts anderes übrig blieb, auch um die Nerven zu schonen und irgendwie voran zu kommen, als den ganzen Weg zu laufen. Sind ja nur knapp 30 Minuten mit den Rücksäcken und Kind. Ach, und die Unterkunft kann uns noch nicht empfangen, sondern erst um 21 Uhr. Tja, der Tag lief einfach nicht gut, gelinde gesagt.
Wir steuerten also als erstes eine Pizzeria in der Nähe der Unterkunft an um noch was zu essen zu bekommen und zu warten bis wir in die Unterkunft konnten. Als wir mit den großen Rucksäcken und Kind nach einem Tisch fragten, waren sie erstmal völlig schockiert und verzweifelt. Gäste wegschicken macht man ja nicht gerne und dann auch noch eine verzweifelte Familie mit Kleinkind. Ich glaube das könnten nur die wenigsten. Wir durften also Platz nehmen und bekamen auch was zu essen. Immerhin.
Die Tische rund um uns herum waren alle leer. Umso verwunderlicher kam es uns vor, das sie so unerfreut über unseren zusätzlichen Platzbedarf waren. Bei einem fast leeren Lokal ist das doch absolut kein Problem. Nur blieb das lokal eben nicht leer. Kaum das wir Platz genommen und was zu trinken bestellt hatten, kamen weitere Gäste. Der Italiener geht eben eher später essen. Als dann unsere Pizza kam, kamen auch immer mehr Gäste, bis das Restaurant bis auf den letzten Stuhl besetzt war. Wir hatten da wohl eine gute Wahl getroffen. Und Glück gehabt einen Tisch zu bekommen. Als wir bezahlten und das Restaurant verließen, mussten wir uns mühsam durch eine Schlange kämpfen, die alle auf freie Plätze warteten.
Völlig gestresst aber immerhin satt, Ida konnten wir im Restaurant überhaupt nicht renne lassen, kamen wir dann bei der Unterkunft an. Erstmal schlafen und dann morgen mit viel Ruhe und Gemütlichkeit Bari anschauen.